Kaffee gehört zu den absatzstärksten Produkten innerhalb der Valora Gruppe und wird immer noch grösstenteils aus Einwegbechern getrunken. Dadurch entsteht viel Abfall. Yannic Steffan, Head of Sustainability Management bei Valora, erklärt, wie Valora dieser Herausforderung im Rahmen ihrer Nachhaltigkeitsstrategie begegnet.
Herr Steffan, obwohl das Abfall- und Ressourcenproblem bei Einwegbechern mittlerweile bekannt ist, werden Mehrwegbecher noch sehr selten genutzt.
In der Tat. Aktuell werden erst 2.4% der in unseren Verkaufsstellen ausgeschenkten Warmgetränke zum Mitnehmen im Mehrwegbecher genossen. Die Bereitschaft, ökologischer einzukaufen und beispielsweise unnötige Abfälle zu vermeiden, ist aber bei einem grossen Teil unserer Kundschaft da.
Woran scheitert es denn konkret?
Aus unseren Kundenfeedbacks wissen wir, dass Kriterien für den Einsatz von Mehrwegbechern das Gewicht, die hundertprozentige Verschliessbarkeit und generell die einfache Handhabung sind. Die Kombination dieser drei Faktoren ist bisher leider noch bei keinem Mehrwegmodell perfekt gegeben. Zudem ist die Convenience des Einwegbechers weiterhin unübertroffen: Er muss nicht extra eingepackt, nach Gebrauch stundenlang herumgetragen und am Abend ausgespült werden. Der Einwegbecher erfüllt seine Funktion perfekt – wäre da nur nicht das Abfall- und Ressourcenproblem.
Wie gross ist dieses denn – bezogen auf die Valora Gruppe?
Im Jahr 2021 sind durch Einwegbecher gruppenweit knapp 300 Tonnen Abfall entstanden. Wenn wir nur schon 10% davon durch den Einsatz von Mehrwegbechern verhindern könnten, entspräche das einer Reduktion von etwa 200 Tonnen CO2 pro Jahr. In unserer Nachhaltigkeitsstrategie haben wir die Verpackungen – insbesondere Mehrwegbecher – deshalb als ein wesentliches Thema definiert. Da Kaffee eines unserer meistverkauften Produkte ist, können wir mit einer guten Mehrweglösung sehr viel Abfall auf einmal vermeiden.
Gibt es keine nachhaltigen Einwegbecher?
Produkte, die nach einmaliger Verwendung entsorgt werden, sind selten nachhaltig. Aber man kann die negativen ökologischen Auswirkungen durchaus verringern. So nutzen wir gruppenweit inzwischen nur noch einwandige Becher aus zertifizierter Pappe mit Kunststoffbeschichtung. Becher aus dem Kunststoff Polystyrol, dessen Produktion besonders viel Wasser und Energie verbraucht, sind schon lange aus unseren Verkaufsstellen verbannt. Zuletzt haben wir zudem einen Becher aus ganz dünnem Holz getestet.
Ist also Holz die Lösung?
Die Produktion von Holzbechern verursacht in der Tat nicht einmal halb so viele CO2-Emissionen wie jene der Pappbecher. Bei den Tests in der Verkaufsstelle unserer Kaffeebarkette Caffè Spettacolo in Biel (Schweiz) waren die Rückmeldungen der Kundschaft ebenfalls sehr positiv. Kritisiert wurde aber, dass der Becher in der Hand heiss wird und der Deckel momentan noch aus Plastik ist. Der Hersteller arbeitet zudem noch an einer kostengünstigen und skalierbaren Produktion.
Was hat Valora bisher versucht, um die Kundschaft von Mehrwegbechern zu überzeugen?
Gruppenweit gibt es Rabatte oder kostenlose Upgrades, wenn man einen eigenen Mehrwegbecher mitbringt. Zudem werden in unseren Verkaufsstellen verschiedene Modelle leichter, hochwertiger und günstiger Mehrwegbecher angeboten. Dabei haben wir schon mehr als ein Dutzend Modelle und Materialien ausprobiert, von Edelstahl über Kunststoff und Porzellan bis hin zu gepresstem Kaffeesatz. Geblieben sind Kunststoff und Edelstahl, welche gut isolieren, robust und nicht zu schwer sind.
Sie sind auch an einem Pilotprojekt mit den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) beteiligt.
Ja, dabei handelt es sich um ein Mehrwegsystem der Firma Kooky, welches sehr nahe an die Convenience eines Einwegbechers herankommt. In den Bahnhöfen Basel und Zürich wird dazu aktuell ein Test durchgeführt, an dem wir mit unseren Formaten Brezelkönig, Caffè Spettacolo und SuperGuud beteiligt sind. Die Idee ist, dass anbieterübergreifend die gleichen Mehrwegbecher genutzt werden und es gemeinsame Rückgabestellen gibt. Ich werde den Becher also direkt nach dem Kaffeegenuss wieder los.
Wie funktioniert diese Lösung konkret?
Die Kundinnen und Kunden erhalten den Kooky-Becher gegen ein Pfand von CHF 1 beim Kauf des Kaffees, Tees oder der heissen Schoggi. Nach Gebrauch scannen sie den aufgedruckten QR-Code mit einer App und werfen den Becher in eine Rückgabebox. Die Box erkennt den Becher per RFID-Technik und schreibt der Person das Pfand in der App gut. Das Feedback der Kundschaft ist positiv. Was noch fehlt, ist ein grösseres Netz an Rückgabestellen in den Bahnhöfen und darum herum. Ein ähnliches Pilotprojekt startete unser Backgastronom BackWerk Ende November 2021 in Deutschland gemeinsam mit den Unternehmen Relevo und Vytal, allerdings ohne Pfandabgabe.
Was braucht es, damit die Kundinnen und Kunden tatsächlich umsteigen?
Vor allem braucht es einen langen Atem, denn Gewohnheiten verändern sich nur sehr langsam. Wir müssen aber sicher noch aktiver informieren und auch die richtigen Anreize setzen. Vielleicht werden wir in Zukunft einen geringen Aufschlag für Einwegbecher berechnen. Das hat psychologisch einen grösseren Effekt als ein Rabatt, wie das Beispiel der Plastiktüten gezeigt hat: Deren Verbrauch hat sich in Deutschland und der Schweiz seit Einführung einer Gebühr stark verringert. Eines muss bei der ganzen Diskussion rund um Einweg- und Mehrwegbecher aber festgehalten werden.
Das wäre?
Aus Nachhaltigkeitssicht ist mindestens genauso wichtig, dass Valora seit 2020 gruppenweit nur noch Fairtrade-Bohnen für den Eigenmarken-Kaffee verwendet. Gemäss Studien ist die Gesamtumweltbelastung des Kaffeeanbaus vier bis acht Mal höher als jene der Becherproduktion – vor allem wegen des Wasserverbrauchs und des verbreiteten Pestizideinsatzes. Die Fairtrade-Zertifizierung umfasst neben einem festgelegten Mindestpreis und Anforderungen an die Arbeitsbedingungen auch anspruchsvolle ökologische Kriterien. Da haben wir also bereits einen grossen Schritt gemacht.
Fotos und Video: Noë Flum.
Teilen leicht gemacht:
Macht Euren Freundes- und Kollegenkreis auf diese Story aufmerksam!